Patchwork

Patchwork

Flickenteppich für flotte Taktik-Tüftler

Wenn es ein „Spiel des Jahres“ auch in einer Kategorie „Spiele für Zwei“ geben würde: Ich würde die Auszeichnung hiermit „Patchwork“ verleihen. Was sich Uwe Rosenberg für Lookout Games hat einfallen lassen, ist kurzweilig wie knifflig. Michael und ich haben einen Mords-Denkspaß beim Test gehabt.

„Patchwork“ ist ein Spiel, das man sofort losspielt. Die Regeln? Im Vorbeilaufen erklärt! Die beiden Duell-Spieler sind Duell-Näher, denn sie müssen auf einem 9 mal 9 Quadrate großen Feld Stoffreste platzieren, und das möglichst so, dass eine große Decke entsteht. Wer das Computerspiel „Tetris“ damit assoziiert: Ja, aber die 33 Stofffetzen sind individuell, einmalig und unterschiedliche Knöpfe wert. Wer am Ende die meisten Knöpfe hat, gewinnt eine Partie „Patchwork“.

Die Stoffreste – Plättchen aus dickem Karton – werden kreisförmig um den Zeitplan gelegt. Wer an der Reihe ist, kann immer eines der folgenden drei Legeteile nehmen, das links von der Spielfigur liegt. Der Zeitplan in der Mitte ist wie ein Wettlauf-Parcours mit Start und Ziel. Hier hat jeder Spieler einen Zeit-Setzstein. Wer mit seinem Setzstein das Ziel erreicht, beendet das Spiel.

Und Zeit ist tatsächlich die Spielmechanik: Es wird nicht gewürfelt, es gibt keine Zugkarten, sondern die Legeteile haben Zeit- und Knopfwerte. Der Zeitwert ist die Schrittlänge des Zeit-Setzsteines. Überholt er den Gegner, ist der an der Reihe. Mit jedem Schritt ohne Legen eines Stoffteiles kann man auch Knöpfe verdienen. Wie weit man zieht und was man in seiner Zuglänge macht, kann man also frei bestimmen.

Wir Test-Duellanten hatten während des Aufbaus schon ein freudiges Lächeln im Gesicht, denn „Patchwork“ sieht echt toll aus. Der ganze Tisch liegt voll von pastellenen Teilen, die blauen Knöpfe stechen heraus, die Legepläne lassen uns Strategen die Hände reiben. Vor allem Michael ist Stratege und spielt gern auch total komplexe Kennerspiele. Am Ende war auch er begeistert von „Patchwork“.

Das Abwägen von Zeit, Knopfgewinn und dem Kauf von Teilen macht aus einer Partie etwas Ruhiges. Und etwas Belauerndes. Denn im Kopf baut sich jeder seine Platte voll, hofft, dass der Gegner dieses dreifach gestufte Riesenteil, das so schön in eine eigene Bauplan-Lücke passen würde, nicht nimmt. Da man ja sieht, wie der Gegner legt, kann man ihn natürlich auch bewusst ärgern.

Genau hier trifft „Patchwork“ für mich den dritten Punkt meiner drei Top-Spiel-Kriterien, den ich für wichtig halte. Punkt eins ist: Einfache Regeln, komplexes Spiel. Punkt zwei: Kein Leerlauf, man ist immer im Spiel. Und der wichtige Punkt drei: Ob Kind, ob Gelegenheitsspieler, ob Kenner, „Patchwork“ macht jedem Spielertyp Spaß, und das Spiel verläuft vom generellen Charakter her entsprechend immer anders, je nachdem, wer am Tisch sitzt.

Das Ergebnis der Testrunde war übrigens sehr, sehr knapp. Klar, dass wir „Patchwork“ wieder auf den Tisch legen werden. Und immer dann, wenn nur ein zweiter Spieler an einem Spieleabend da sein wird, wird mein Blick in den Schrank auf den Flickenteppich mit dem großen blauen Knopf fallen.

PatchworkcoPATCHWORK

Verlag: Lookout Games / ASS
Autor: Uwe Rosenberg
Spieler: 2
Altersempfehlung: Offiziell 8+, Total verSPIELt 6+
Geeignet für: Kinder + Einsteiger + Familie + Kenner

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Spielregeln

Empfehlenswerte Rezension von „Spielkult“

Imhotep

Imhotep

Schlau auf dem Bau und clever am Nil

Großes Grinsen von Marius. Zwei Steine für die Grabkammer – und ich muss sie für ihn verschiffen. Ausgetrickst am Nil. Doch abwarten! Als einer von vier Baumeistern habe ich die Nase am Obelisken vorn. Es ist ein ewiges Hin und Her im alten Ägypten, und am Ende kann sich in „Imhotep“ noch das Blatt wenden. Das Familienspiel ist Nominierter für das „Spiel des Jahres 2016“ – und das vollkommen zu Recht!

Es ist immer erst eine große Hürde, neue Spiele für eine Tour von Total verSPIELt kennenzulernen. Regelhefte sind ja ausführlich, weil sie möglichst auch die Fragen beantworten wollen, die eventuell gestellt werden könnten. Und dann aus den vielen Konjunktiven eine Erklärung machen, die in 1.30 Minuten das komplette Spiel so vorstellt, dass an den Messe-Spieltischen sofort losgelegt werden kann? Und was bei „Imhotep“ alles auf dem Tisch liegt …

Doch es macht schnell „Klick“, ich erkläre es in Hand gestoppten 1.20 Minuten. Wir spielen los, und jeder hat es verstanden, der Gelegenheitsspieler genauso wie der Kenner und Könner. Denn in typischer Kosmos-Spielmanier sind die Regeln von „Imhotep“ ganz einfach, aber die Entscheidungsmöglichkeiten in diesem Aufbau-Strategiespiel richtig groß.

Wir sind Baumeister im alten Ägypten und ringen in sechs Spielrunden um Siegpunkte. Spielkärtchen legen fest, welche Transportschiffe in den Runden eingesetzt werden. Sie haben Platz für unsere Holzklötze, die Steine, die wir aus unserem kleinen Lager holen, das wir mit Quadern aus dem Steinbruch füllen. Die fünf Zielhäfen stehen für ein wahrhaft taktisches Scharmützel.

Auf dem Marktplatz können wir uns für eine Steinlieferung ein Bonus-Kärtchen schnappen, das uns sofort, später oder in der Schlusswertung hilft. Die Pyramide belohnt uns für jeden gebauten Stein sofort mit Punkten. Auf den fünf Bauplätzen des Tempels punkten nur die am Rundenende, deren Klötze von oben zu sehen sind. Die Grabkammer belohnt uns für Steine, die flach gebaut verbunden sind, während der Obelisk ein Wettrennen um den höchsten Turm ist. Was wo etwas bringt, ist aufgedruckt. Alles ganz einfach.

Knifflig ist die Spielmechanik, denn sie ist zu jeder Sekunde ein Austricksen der Gegenspieler. Es wird nämlich in sehr kleinen Schritten gespielt, bis alle Schiffe ein Ziel erreicht und die damit transportierten Steine geliefert worden sind. Dann beginnt die neue Runde. Wer an der Reihe ist, kann drei Steine in sein Lager legen, einen Klotz auf ein Schiff laden, ein Schiff bewegen (wenn zwei Bedingungen erfüllt sind) oder eine Karte ausspielen, die er sich irgendwann zuvor auf dem Marktplatz besorgt hat.

Unterschiedlicher besetzt könnten Testrunden nicht sein: Der Wenig-Spieler Klaus, der Gelegenheits-Spieler Dennis, der Komplex-ist-toll-Spieler Marius und ich versuchen, uns gegenseitig an den Bauplätzen übers Ohr zu hauen. Immer wieder unterbrechen Kommentare wie „coole Mechanik“, „klasse Spiel, gefällt mir sofort“ oder „sieht echt schön aus, oder?“ die kurzen Grübel-Phasen. Und wer gewinnt? Klaus. Unser Wenig-Spieler hat uns alle durch einen genialen Plan für die Schlusswertung mit Riesenschritten überholt.

„Imhotep“ ist wirklich ein Volltreffer, der den Grips anspricht, das Auge erfreut und gute Laune weckt. Und wenn meine drei Mitspieler nicht schon mehrere Dutzend Testrunden mit anderen Neuheiten auf dem Buckel gehabt hätten und unbedingt noch „Machi Koro“ auf den Tisch kommen sollte, wäre es noch ein sehr langer und später Abend geworden. Mit „Imhotep“, dem cleveren Bauvergnügen mit dem schicken Aufbau und dem großen Stapel Holzklötzen.

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IMHOTEP

Verlag: Kosmos
Autor: Phil Walker-Harding
Spieler: 2 – 4
Altersempfehlung: Offiziell 10+, Total verSPIELt 8+
Geeignet für: Einsteiger + Familie + Kenner

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Offizielle Website

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